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  • AutorenbildTina Hauswald

Ist das Tempolimit wirklich beSCHEUERt?

Aktualisiert: 23. Dez. 2020

Das allgemeine Tempolimit auf deutschen Autobahnen ist in politischen Reihen vergleichbar mit einem Evergreen in der Musikbranche – stets aktuell, angesagt und daher auf jeder guten Playlist bzw. Agenda enthalten.


Unser aktueller Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat zum Tempolimit eine ganz klare Haltung: Es sei „gegen jeden Menschenverstand“. Man könnte also sagen, dass er nicht wirklich begeistert von der Idee scheint. Scheuer glänzt aber in seiner aktuellen Amtszeit nicht gerade mit Kompetenz. Er kostete den Staat mit diversen Fehltritten (Maut, Bußgeldkatalog) schon gute 500 Millionen Euro. Das ist für Satire-Sendungen natürlich gefundenes Fressen, nicht selten postet zum Beispiel die heute show daher Bilder wie dieses. Meines Erachtens liegt der CSU-Politiker auch in Sachen Tempolimit weit daneben. Warum erfährst Du jetzt.

Warum das Evergreen-Thema mal wieder auf der öffentlichen Agenda steht, verdanken wir gleich mehreren aktuellen Ereignissen. Erst letzten Dezember stimmte der Bundestag gegen ein Tempolimit von 130 km/h. Kurz vor und nach einer bundesweiten Entscheidung – besonders bei einer so umstrittenen – berichten die Medien natürlich viel über die Pros und Cons. Außerdem revidierte dann der End-Boss in Sachen Tempolimit, der ADAC, seine Meinung und lehnt es nicht mehr strikt ab. Die Regierungspartei SPD wählte dann noch eine neue Parteispitze, die mehr gegen den Klimawandel vorgehen will und sich somit wieder für ein solches Limit aussprach. Aber halt! Jetzt tische ich schon zwei Argumente direkt hintereinander auf; lass uns das lieber der Reihe nach angehen…

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Die Grafik aus Wikipedia gibt Dir einen Überblick über die unterschiedlichen Limits in Europa. Und was fällt Dir auf? Richtig, Deutschland ist das einzige Land in ganz Europa, das keine allgemeine maximale Geschwindigkeit auf Autobahnen vorschreibt.

Auch wenn wir den Blick auf die ganze Erdkugel erweitern, müssen wir eine ganze Weile suchen, um weitere Staaten zu finden, die nicht von einem Tempolimit Gebrauch machen. Neben Deutschland gibt es nur zehn andere Nationen, die sich einem Limit verweigern; viele davon sind Länder mit nur wenigen Straßen, auf denen Rasen überhaupt möglich ist.

Wenn Du mich fragst, zeugt es von ziemlicher Arroganz, zu denken, dass alle anderen etwas falsch machen oder nicht gut genug Auto fahren und daher ein Geschwindigkeitsbegrenzung brauchen. Ob Tempolimit-Gegner das wirklich denken, kann ich nicht bestätigen. Aber welche Begründung haben sie sonst, den Fehler bei allen anderen zu suchen und nicht bei sich? Eine Idee hätte ich da: Keine nationale Politik wird so von der Automobil-Lobby beeinflusst wie die deutsche. Klar, da wir die Auto-Ingenieure mit VW, Ford, Daimler Benz und Co. sind. Hat die Lobby da vielleicht ihre Finger im Spiel?

Was wollen denn die Bürger?

Die These, dass Lobbyisten die Einführung einer solchen Geschwindigkeitsbegrenzung verhindern, findet Halt, wenn aktuelle Umfrageergebnisse begutachtet werden. Etwas mehr als die Hälfte der Deutschen wünschen sich demnach ein solches Limit. Ein klarer Wert, wenn man die Tendenz im Blick hat: Seit 2014 steigt die Akzeptanz stetig. Genau diese Entwicklung sorgte auch für das Abkommen der extremen Anti-Haltung beim ADAC. Warum stimmt der Bundestag dann trotzdem gegen eine Einführung, wenn selbst jahrelange Gegner nun Einsicht zeigen? Sollten Politiker nicht ihre Wähler repräsentieren? Ich vermute, der Druck der Autolobby überwiegt aktuell noch den Wunsch der Bürger und dass sich viele unserer konservativen Repräsentanten einer vermeintlich grünen Idee nicht hingeben wollen.

Der grüne Aspekt

Ja, auch aus den Reihen von Bündnis 90/Die Grünen und Umweltverbänden vernimmt man den Wunsch nach einer allgemeinen Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen. Das liegt vor allem an den CO2-Emissionen, die dadurch einspart würden: circa zwei Millionen Tonnen an der Zahl und das jedes Jahr – sogar ganz ohne anfallende Kosten für den Staat. Kein Wunder, dass umweltbedachte Interessengruppen eine solche simple Methode für den Klimaschutz nutzen wollen, findest Du nicht? Aber der Klimaaspekt bildet mit Abstand nicht das einzige Pro; man sollte folgende Vorteile nicht unter den Tisch fallen lassen.

Weitere Vorteile

Oft schildern Tempolimit-Gegner, dass sie durch die Beschränkung mehr Zeit von A nach B brauchen. Doch dieses Argument ist leicht zu entkräften: Zum einen beweisen zahlreiche Studien, dass es sich dabei nur um wenige Minuten handelt. Und zum anderen wird der Fakt ignoriert, dass der Verkehr durch ein gleich schnelles Fahren deutlich flüssiger läuft – man spart die paar Minuten also wieder ein.

Ein weiterer Vorteil liegt bei den Kosten. Wir Autofahrer würden nicht nur Zeit, sondern auch Geld sparen und das hört ein Schwabe wie ich sehr gerne. Die Erklärung ist sehr simpel: Bei hohen Geschwindigkeiten steigt auch der Spritverbrauch exponentiell und das sogar sehr stark ab circa 130km/h. Wenn wir also weniger schnell fahren, sparen wir Sprit und damit Geld.

Aber durch ein Tempolimit würden wir nicht nur sparen und die Umwelt schützen, sondern vor allem uns gegenseitig.

Einer für alle und alle für einen

Auch wenn in Deutschland auf Autobahnen im Vergleich zu Landstraßen deutlich weniger Menschen verunglücken, so finden hier doch noch 13% aller Verkehrstoten ihr Ende. Circa 1000 Menschen sterben jährlich im Zusammenhang mit überhöhten oder unangepassten Geschwindigkeiten. Und dabei gilt ganz allgemein: je schneller, desto tödlicher.

Denn nicht nur der Bremsweg, sondern auch die Wucht des Aufpralls nehmen mit der Schnelligkeit zu. Das Tempolimit rettet also Leben, und wenn Du mich fragst, sollte dabei ganz egal sein, ob „nur“ eins oder 1000. Ich finde, wir lernen während der Corona-Pandemie eine ganz wichtige Sache: Wir können alle unsere Freiheit etwas einschränken, um uns selbst und andere zu schützen; wir lernen Solidarität. Und um am Ende richtig mit der Moral-Keule auszuholen… Niemand sollte den Fahrspaß je gegen das Allgemeinwohl abwägen, da der Vergleich absurder nicht sein könnte – Endorphine gegen Menschenleben.

Und lieber Verkehrsminister, eben diese Erwägung ist gegen jeden Menschenverstand und nicht andersherum.

Fazit

Die Einführung eines Tempolimits wäre also eine Bereicherung für Ökologie, Verkehrssicherheit und den Geldbeutel. Auch an gesellschaftlicher Akzeptanz fehlt es nicht. Warum kommt die Begrenzung dann also nicht? Diese Frage stelle nicht nur ich mir, sondern auch viele weitere Bürger und Zusammenschlüsse:

Die Polizei Gewerkschaft, Umweltverbände sowie kirchliche und versichernde Organisationen fordern von der Regierung bereits ein Limit. Warum stellen sich der Bundestag und Minister Scheuer dann noch quer? Ich bin mir sicher, dass sich genau das schon ganz bald wieder jemand öffentlich fragen wird, und unsern politischen Evergreen somit erneut auf die Tagesordnung schreibt.

Solidarische Grüße

Tina

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